
Inert-Spray
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Technische Ausführungen
Das Funktionsprinzip eines Reizstoffsprühgerätes ist identisch mit dem einer Sprühdose. Die im Handel erhältlichen Sprays können den Wirkstoff flüssig, als Schaum oder als Gel freisetzen. Das Sprühbild kann einem konischen Nebel oder einem Strahl entsprechen. Die Reichweite beträgt bei handelsüblichen Geräten 1,5 bis 5 m. Einige Hersteller bieten so genannte Inert-Sprays an. Diese Sprühgeräte enthalten eine harmlose Ersatzflüssigkeit ohne den Wirkstoff OC und ermöglichen so ein gefahrloses Einsatztraining.Pfefferspraybehälter stehen unter Druck. Wie alle Sprühdosen müssen sie vor direkter Sonneneinstrahlung und Hitze über 50 °C geschützt werden. Auch leere Behälter sollen nicht geöffnet oder verbrannt werden.
Wirkung einer Oleoresin-capsicum-Freisetzung
- Augen: Eine Schwellung der Schleimhäute bewirkt das sofortige Schließen der Augenlider für ungefähr fünf bis zehn Minuten.
- Atmung: Ein Einatmen des Pfeffersprays führt zu Husten und Atemnot, selten Ersticken.
- Haut: Die besprühten Stellen „brennen“ und zeigen für 15 bis 30 Minuten einen Juckreiz. Je nach Dosierung kann es aber noch 48 Stunden dauern, bis die Wirkung nachlässt.
Der medizinische Wirkmechanismus von Oleoresin capsicum beruht zum einen auf der heftigen Stimulation von Nozizeptoren (schmerzempfindende Sinneszellen) in afferenten Nervenzellen. Die Ausschüttung von Substanz P (eines Neurotransmitters) führt akut zu einer Membrandepolarisierung.
Die längerfristige Anwendung von Oleoresin capsicum führt zu einem Fehlen von Substanz P, dadurch kommt es zu der schmerzstillenden Wirkung, weil die Erregungsleitung blockiert wird. Zusätzlich wird durch Oleoresin capsicum eine Entzündungsreaktion ausgelöst.
Es besteht das Risiko, insbesondere für Asthmatiker und Menschen unter Drogeneinfluss, dass die Wirkung tödlich ist. Allein in Kalifornien wurden seit 1993 27 Tote dokumentiert.[2] [3] Weiteren Forschungen zufolge verstärke der Wirkstoff Capsaicin die Sterblichkeitsrate von Menschen unter Einfluss von Kokain um ein Vielfaches, siehe den entsprechenden Abschnitt im Artikel Capsaicin.
Augen
Am Auge führt Oleoresin capsicum zu einem heftigen brennenden Schmerz sowie zu einem krampfartigen Schluss der Augenlider. Daneben kommt es zu einer Rötung und Schwellung der Bindehaut und zu heftigem Tränenfluss. Vereinzelt sind Schädigungen des Hornhautepithels beschrieben, diese heilen jedoch folgenlos ab. Träger von Kontaktlinsen können vermehrte Reaktionen zeigen, weil sich zwischen der Kontaktlinse und der Hornhaut ein Wirkstoffdepot entwickeln kann. Das längere Einwirken von Oleoresin capsicum kann zu einer herabgesetzten Schmerzempfindlichkeit führen, die einen selteneren Lidschlag zur Folge haben kann. Es besteht die Gefahr, dass es zu einer zeitweiligen Erblindung von 15–30 Minuten kommt.[4]Atmung
Die Wirkung auf die Atemwege ist stark davon abhängig, in welchem Ausmaß der Wirkstoff in den Mund und die Atemwege gelangt; ein Hustenreiz tritt jedoch fast immer ein. Teilweise kann es bei Asthmatikern zu einer Verkrampfung des Bronchialsystems und zum Stimmritzenkrampf kommen. Insbesondere bei labiler Blutdrucklage oder vorbestehendem arteriellen Bluthochdruck können alle zuvor benannten Reaktionen zu massiven Kreislaufbeschwerden (siehe hypertensive Krise) führen. Die körperlichen Reaktionen sind dazu geeignet, getroffene Personen zusätzlich psychisch zu beeinflussen, so dass auch eine Verstärkung des aggressiven Verhaltens oder eine panikartige, furchtsame Reaktion folgt.Haut
Eine Histaminausschüttung führt zu einer Hautrötung und kann eine Quaddelbildung und Schwellung auslösen, selten kommt es zu Blasenbildung. Die genannten Symptome klingen meist über einen Zeitraum bis 45 Minuten ab, eine Reinigung der betroffenen Körperstellen kann diese Zeit verkürzen.Behandlungshinweise
Betroffene sollten die besprühte Haut erst mit Pflanzenöl bzw. anderen fetthaltigen Stoffen und sofort danach mit hochprozentig alkoholischen Flüssigkeiten abwaschen. Sofort im Anschluss muss die betroffene Haut mit kaltem Wasser und Seife gründlich abgewaschen und trocken getupft werden, da sonst der Wirkstoff zusammen mit dem Fett über die Haut aufgenommen wird. Auch Kühlung hilft. Das Spülen mit Wasser wird oft empfohlen, hilft allein aber nur wenig, da Capsaicin fett- und nicht wasserlöslich ist. Reiben, Schrubben oder Kratzen sollte vermieden werden, da ansonsten die Substanzen noch intensiver in die Haut eindringen können. Die Symptome sollten innerhalb einer dreiviertel Stunde abklingen.Bei Kontakt mit den Augen sollte unter fließendem Wasser gespült werden. Pflanzenöle sind hier nicht effektiv, da die Tränenflüssigkeit Fett abstößt, ein Spülen mit isotonischer Kochsalzlösung hat eine schonendere Wirkung als Wasser. Sollten mehrere Stunden nach dem Spülen erneut Schmerzen im Auge auftreten, kann es sich um eine Verletzung der Hornhaut handeln.
Es dürfen keine Salben oder Cremes aufgetragen werden. Am besten sollte nach jedem Kontakt mit Pfefferspray ein Arzt aufgesucht werden.
Anwendung bei der Polizei
Pfefferspray ersetzt mittlerweile bei vielen Polizeibehörden weltweit das CS-Gas, da letzteres in seiner Wirkung wesentlich unberechenbarer ist. Es wurde bei der deutschen Polizei Anfang 2000 als Einsatzmittel für Polizeivollzugsbeamte eingeführt, um unmittelbaren Zwang auszuüben. Ziel war und ist es, damit ein milderes Mittel als die Anwendung von Schusswaffen zu schaffen, um dem im Grundgesetz festgelegten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Auswahl des Zwangsmittels besser Rechnung tragen zu können.Die polizeiliche Bezeichnung in Deutschland lautet Reizstoffsprühgerät. Die Gerätebezeichnungen lauten je nach Ausführung RSG-1, RSG-2 (geeignet zum verdeckten Tragen) sowie RSG-3 und sind in der polizeilichen Ausführung nicht auf dem freien Markt erhältlich. Der Anteil des Reizstoffes beträgt bei der deutschen Polizei 0,3 Gew.-%. Die Reichweite beträgt 2,5 m (RSG 2) oder 4 m (RSG 1, RSG 3 und RSG4).
Zudem existiert die auf nebenstehendem Bild sichtbare Version für den Einsatz gegen Menschenansammlungen, diese heißt RSG 8. Diese wird von der Firma Hoernecke vertrieben und ist, wie das RSG 4 auch, ebenfalls in einer zivilen Version erhältlich.
Pfefferspraygeschosse
Der Reizstoff kann auch mit speziellen Schusswaffen als Kapsel verschossen werden. Diese platzt bei einem Treffer auf eine Person auf und bedeckt diese mit dem Reizstoff. In Deutschland wurden solche Waffen erstmals im Februar 2010 per Verwaltungsbeschluss für die Sächsische Polizei zugelassen.[5] Bei Polizeikräften in den USA wurde diese Waffe teilweise wieder abgeschafft, nachdem 2004 eine Passantin in Boston durch einen Schuss ins Auge getötet wurde.[6]Rechtliche Situation
Allgemein
Der Einsatz von Pfefferspray als Kampfmittel ist in internationalen Konflikten durch das Abkommen über biologische Waffen von 1972 verboten, der Einsatz im Inneren ist jedoch gestattet.[7] Dies hat daher Auswirkungen auf den Einsatz durch Feldjäger bei unfriedlichen, aber zivilen Unruhen in Einsatzländern.Deutschland
Pfeffersprays zum Einsatz gegen Menschen sind so genannte Reizstoffsprühgeräte und damit Waffen im Sinne des Waffengesetzes.[8] Jugendliche[9] ab 14 Jahren dürfen mit ihnen umgehen.[10] Der enthaltene Reizstoff muss jedoch als gesundheitlich unbedenklich zugelassen sein und Reichweite und Sprühdauer müssen begrenzt sein. Ferner muss ein Prüfzeichen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt angebracht sein, das diese Einschränkungen nachweist.Allerdings ist die Zulassung des in Pfeffersprays enthaltenen Wirkstoffs Oleoresin capsicum in Deutschland bislang nicht erfolgt. Das für eine Zulassung erforderliche Prüfungsverfahren würde u. a. Tierversuche voraussetzen,[11] die nach dem heutigen § 7 Abs. 4 TierSchG nicht mehr durchgeführt werden dürfen. Andere Wirkstoffe wie etwa 2-Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril (CS) wurden noch vor dem Inkrafttreten des verschärften Tierschutzgesetzes zugelassen. Nicht zugelassene Reizstoffsprühgeräte sind verbotene Waffen nach § 2 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.5 WaffG, deren vorsätzlicher (oder fahrlässiger) Besitz nach § 52 Abs. 3 Nr. 1 (Abs. 4) WaffG strafbar ist.
In der Praxis wird das Erfordernis der Zulassung dadurch umgangen, dass die Hersteller ihre Produkte als Tierabwehrsprays kennzeichen, so dass sie nicht dem WaffG unterliegen.[12] Derartige Pfeffersprays dürfen von jedermann erworben, besessen und geführt werden. Ungeachtet dessen kann das Führen von Tierabwehrsprays bei Versammlungen, die unter das Versammlungsgesetz fallen sowie auf dem Weg dorthin oder zurück als Verstoß gegen das Waffenverbot geahndet werden.[13]
In jedem Fall ist der Einsatz von Pfefferspray gegen einen Menschen als gefährliche Körperverletzung strafbar.[14] Die Strafbarkeit entfällt jedoch, wenn ein Rechtfertigungsgrund wie Notwehr vorliegt.
Vollzugsbeamte bei Behörden, die nicht dem Waffengesetz unterworfen sind, wie zum Beispiel Polizeivollzugsbeamte, dürfen Pfefferspray auch zu dem Zweck führen, es als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt gegen Menschen einzusetzen (unmittelbarer Zwang). Politisch wird der Einsatz von Pfefferspray durch die Polizei immer wieder kritisiert und eine Änderung der Rechtslage gefordert.[15] [16] [17] [18] [19]
Schweiz
Pfefferspray untersteht in der Schweiz der Chemikaliengesetzgebung. Pfeffersprays dürfen nur an Käufer über 18 Jahren gegen Identitätsnachweis und Unterschrift abgegeben werden. Selbstbedienung ist nicht zulässig und die Kunden müssen über die sichere Aufbewahrung, Handhabung und Entsorgung informiert werden. Der Verkäufer muss über die „Sachkenntnis für die Abgabe besonders gefährlicher Chemikalien“ verfügen. Ein etwaiger Postversand muss eingeschrieben mit dem Vermerk „eigenhändig“ erfolgen. Die Produkte müssen mindestens als reizend (Xi;R36/37) eingestuft und gekennzeichnet sein. Auch die Vorschriften für Aerosolpackungen sind zu beachten. Sprays mit treibhausrelevanten Treibmitteln wie R134a (1,1,1,2-Tetrafluorethan) sind verboten.Als Waffen im Sinne des Waffengesetzes gelten Sprayprodukte zur Selbstverteidigung mit Reizstoffen wie beispielsweise CA, CS, CN, CR. Für den Erwerb dieser Waffen ist ein Waffenerwerbsschein wie auch eine Waffentragbewilligung notwendig.
Die Schweizer Armee führte 2009 für alle Armeeangehörigen das Reizstoffsprühgerät 2000 (RSG-2000) ein. Dieses wird bei Bewachungsaufgaben eingesetzt. Die militärische Waffentragbewilligung wird nach Bestehen einer halbtägigen Ausbildung erteilt.
Quelle: Wikipedia
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